AK Eine-Welt: Brief aus Madisi

Liebe Frau Reuvekamp,

Ihnen und allen Mitarbeiterinnen des Arbeitskreises Eine Welt St. Peter Birkesdorf ganz liebe und dankbare Grüße aus Madisi, im Namen aller Mitschwestern und der hauswirtschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Schwesternhaus der Franziskanerinnen!

Mit großer Freude haben wir Ihre großzügige Spende von € 1,500.33 zur Renovierung des Schwesternhauses erhalten. Und wir können mit aufrichtigem Herzen sagen: Diese Hilfe kam zur rechten Zeit!

Es fing ja alles so ganz langsam und unscheinbar an: Hier ein paar kleine Risse, da ein leises Bröckeln von den Wänden – und praktisch, wie man halt in der Mission sein muss, haben wir alle unserer Kreativität eingesetzt um die kleinen „Schönheitsflecken“ geschickt zu verbergen. Was da alles so zum Einsatz kam lässt uns heute schmunzeln: Wandbehänge, Bilder, Chitenje-Stoffe und vieles andere!

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Das Wohnhaus der Schwestern wurde 1974 erbaut. Als wir Franziskanerinnen, Schw.M. Klara Lüers und Schw. M.Siegtraud Strotthotte, im Jahr 1984 unsere Mission in Madisi begannen, zogen wir in das bereits von den Luxemburger Karmelitinnen bewohnte Haus.

Über viele Jahre leistete es uns gute Dienste und die immer größeren Risse nahmen wir zunächst mit Gelassenheit und Humor auf. Doch mulmig wurde uns, als Wände und Struktur des Gebäudes sich merklich verzogen und wir durch die Risse in den Wänden miteinander kommunizieren konnten.


Mit Ratlosigkeit und Entsetzen wandten wir uns damals an unsere Baufirma Brothers Construction in Lilongwe. Der Direktor der Firma war zunächst auch ratlos, da dies Gebäude noch nicht von Brothers Construction errichtet wurden. Der Ursache musste zunächst einmal auf den Grund gegangen werden.

Als die Eltern, einer unserer Freiwilligen, die Architekten Breithaupt aus Salzkotten ihre Tochter in Madisi besuchten, schlugen sie förmlich die Hände über den Kopf zusammen! Das uns das Haus „bald über dem Kopf zusammenfällt“, war die vorläufige Prognose der Fachleute. Es musste also schnellstens gehandelt werden!


Die Angestellten von Brothers Construction machten sich ans Werk und die erste Begutachtung der Direktors der Firma war erschütternd!

TERMITEN!

Nun sind hier in Afrika Termiten nichts ungewöhnliches. Auch die Einheimischen sind sehr gewandt diesen Schädlingen zu Leibe zu rücken.  Doch da gibt es eine Grenze, wo sich die Termiten über den Intellekt der Menschen stellen und mit Raffinesse und „Teamgeist“ ihr zerstörendes Werk beginnen.  Die Termitenhügel – nur bedingt mit unseren Ameisenhügeln in Europa zu vergleichen – sind wahre Kunstwerke und man staunt über die ausgeklügelte Architektur! 

Die Termitenhügel können die Existenz des menschlichen Lebensraums bedrohlich in Gefahr bringen. Die Königin eines Termitenvolkes spielt dabei die größte Rolle. Findet man diese und tötet sie – stirbt auch das Termitenvolk. Doch – man muss sie erst einmal finden. Denn obwohl sie zwischen 8cm und 10cm groß ist, ist sie sehr schwer ausfindig zu machen. Sie lebt tief unten in der Erde und hat von dort aus das Zepter in der Hand!

Es gibt wenige Materialien die dem Angriff der Termiten stand halten. Doch Zement ist so ein Material – gegen Zement ist halt nicht viel auszurichten. Das wissen die Menschen hier auch. Und diejenigen, die es sich leisten können, legen zunächst einmal ein solides Fundament aus Zement. Der restliche Teil der Häuser und Hütten kann dann ruhig mit Lehm weitergebaut werden. Ist das Fundament aus Zement, können die Termiten nicht viel anrichten.

So nahmen wir also über viele Jahre an, dass unser Schwesternhaus auch dementsprechend errichtet wurde. Bei der Begutachtung unseres jetzigen Bauherrn machte er die erschreckende Feststellung, dass das Fundament lediglich aus Backsteinen besteht. Und Backsteine sind für Termiten ein gefundenes Fressen!

Lediglich eine dünne Zementschicht war über die Backsteine gelegt – Grund genug, dass das Haus vom Einsturz bedroht wurde!

Mit Erschütterung vernahmen wir die „Diagnose“ des Experten! Die einzige Möglichkeit Hauses zuvorzukommen, war das Aufschlagen der Fußböden im gesamten Hausbereich dem Einfallen des Schwesternhauses. Außerdem mussten das Gebäude von außen durch zusätzliche seitlich errichte Stützwände verstärkt werden.

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Somit wurde aus der Schwesternkommunität ein Nomadenvolk. Alle Zimmer incl. Kapelle, Schlafzimmer, Küche usw. mussten leer geräumt werden, die Fußböden wurden herausgeschlagen, Wände verstärkt etc. etc. Was dabei zutage kam übertraf all unserer Erwartungen. Das Fundament aus Ziegelsteinen und der dünnen Zementschicht war bis zu 30 cm dick!

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Mit all diesen Renovierungsmaßnahmen wurde im August 2013 begonnen. Und heute im Januar 2014 sind die Arbeiter von Brothers Construction noch immer in unserem häuslichen Bereich zugegen. Man kann sagen, sie sind ein Teil der Familie geworden.

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Die Monate waren natürlich eine immense physische und mentale Belastung für uns – doch abgesehen davon, schauen wir mit Dankbarkeit und Hochachtung auf unsere Mitarbeiter in Haus und Garten, die diese schwierige Phase mit viel Engagement, Souveränität und Loyalität mit uns durchgezogen haben. Ohne unsere Mitarbeiter wären wir verloren gewesen.

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Mittlerweile ist das schlimmste überstanden. Das Schwesternhaus wurde bereits neu gestrichen – hier und da gibt es noch vereinzelte Dinge zu verbessern – aber es ist zum größten Teil überstanden.
Wir hoffen, dass bald wieder Ruhe und Ordnung im gesamten Komplex eingezogen ist.

Vor unserem Haus türmen sich noch die herausgeschlagenen Ziegelsteine und Zementblöcke; es gibt noch viel Unordnung - aber diese ist mittlerweile akzeptabel.

Die Gewissheit, dass wir weiterhin in unserem Haus bleiben können, macht uns und unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen froh und dankbar!

Unsere Ordensleitung in Deutschland hat uns in all den Monaten unterstützt und aufgebaut. Wir danken allen dafür!

Nochmals ein herzliches Dankeschön an Sie, die durch Ihre großzügige Spende einen Großteil der „Katastrophe“ gelindert haben!

Zikomo kwambiri!

Herzlichst Ihre
Schwestern vom Schwesternhaus in Madisi

Schwester M. Klara, Schw. M. Veronika, Schw. M. Raynelda u. Schw. M. Emmanuela